Stiertreiben |
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Stiertreiben - Toro Embolao - in Vejer, am Ostersonntag 2004 HaempelFilm machte sich am Ostersonntag sehr früh auf den Weg nach "Vejer de la Frontera". Dem schönen, blendend weißen, maurisch geprägten Würfeldorf, welches durch die schmalen und steilen Gassen auffällt und den Besucher immer wieder mit Blumen geschmückten, unerwarteten Innenhöfen überrascht, dessen Türen oft geöffnet sind. Hier sind es nicht die großen Kunstschätze oder eine majestätische Kathedrale, die den Besucher in dieses wunderschöne Dorf oder besser gesagt, in dieses 13.000 Einwohner zählende Städtchen, locken.
Einige Plakate in den umliegenden Städten und Dörfern, auch in Tarifa, wiesen Wochen vorher auf die "Fiesta del Toro Embolao", das Stiertreiben hin. Schnaufend trieben wir unseren Bus die kurvige Bergstrasse nach Vejer hinauf und fanden auch sogleich einen Parkplatz am Ortseingang bei der "Oficina del Turista". Von dort geht es dann zu Fuß noch mal weiter aufwärts. Wobei das Spektakel rechts am Anfang der Altstadt stattfindet. |
![]() Besucher wohnen in sicherer Höhe dem Stiertreiben bei Eine laute Musikkapelle lässt die Richtung erahnen, wo das Geschehen beginnt. Viel ausgelassenes Volk, das mehr oder weniger strunz betrunken ist, kreuzt ständig unseren Weg und zeugt von einer wirklich heiteren und ausgelassenen Stimmung. Wir fragten uns gleich, was das wohl heute noch wird ? |
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Die Treibenden wurden zu Getriebenen und flüchteten wie die Hasen. Zwei der Treibenden bekamen dabei auch ganz gut was ab, wobei sich einer gerade noch in einen Hauseingang flüchten konnte. Schnell bemerkten wir dabei die Geschicklichkeit des trainierten Stieres, der sich gegen die aufgebrachte Masse von Treibern verteidigte. |
Dieser erste Durchgang des 510 Kilo schweren Stieres wirkte schon sehr heftig und wir konnten uns schnell vorstellen was sein könnte, wenn es doof läuft. Beim Durchsichten der Fotos erkannten wir dann erst die blutigen Hörner, die auf Verletzungen seitens der Treibenden hindeuten. "Ambulancia" Rufe raunten plötzlich durch die Menge - woraus wir schlossen, dass weiter weg etwas passiert sein musste. Dabei war überall diese allzu menschliche Sensationslust zu spüren. Nach etwas über einer Stunde merkten wir dann Bewegung um uns, was darauf schließen lies, dass die erste Runde der Stiertreiberei erstmal zu Ende war. Wir verließen mit vielen anderen unseren sicheren Platz und bewegten uns vorsichtig in die Richtung, in die der Stier verschwunden war. Am Ende der Straße war ein Gehege aufgebaut woraus der Stier nach einiger Zeit wieder in den Lastwagen verfrachtet wurde. Hierbei wurde das Tier nicht sonderlich geschont und unter Jubelrufen der Menge in den Wagen gezerrt. Nach dem Verbarrikadieren des Transporters löste sich die Menge in Richtung Kneipen und Stände, die geöffnet wurden, auf. Buntes und heftiges Treiben, Tanz und Gesang stellte eine absolut friedliche Fiesta da. Null Aggression war hier überall zu bemerken. Beim Filmen der Szenerie posierten viele vor unserer Kamera und waren mit bester Laune immer für einen Scherz aufgelegt.
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Wir verließen erstmal den Trubel und machten es uns in einer abgelegenen Seitenstraße vor einer Kneipe, in welcher alte andalusische Männer am Trinken waren, in der Sonne gemütlich. Hier tranken wir ein paar billige Biere und verarbeiteten erstmal die Eindrücke, die wir in den letzten Stunden erlebten. Diese beeindruckende Szenerie beschäftigte uns dann auch noch längere Zeit. Im Ort selbst tobte das Fest in für uns ungewohntem Ausmaße. Überall tanzte unter lauter Musik die Menge. Der Müll stapelte sich überall und die Männer pissten in die umliegenden und für Vejer typischen Blumenkübel. Die Andalusier wissen es, wie Feste zu feiern sind. Kurz vor 16 Uhr machten wir uns auf, um den zweiten Stier der durch Verjer getrieben werden sollte, anzusehen. Überall füllten sich wieder die Plätze, von welchen aus alles überblickt werden kann, selbst auf den Straßenschildern ergatterte der ein oder andere noch einen guten Platz. Auch wir stiegen auf ein altes, schon zugemauertes Haus. Hier nahmen wir zwischen vielen anderen Platz. Teenies mit Tüten voll Bier und Joints turnten auf dem Dach auf dem wir saßen haarsträubend herum. Manch kühler Luftzug lies uns das noch sehr frühe Frühjahr spüren. Ungeduldig warteten wir alle eine Stunde lang gespannt, nach dem Startschuss, ein spektakuläres Bild erhaschen zu können. Plötzlich zogen unzählige Beteiligte ein langes, nicht Enden wollendes Seil die Straße entlang. Wir fragten uns was das denn auf sich hat, als wir diese gedemütigte Kreatur Stier am Ende des Seiles bemerkten, die kollektiv im Beisein des Publikums an uns vorbei gezogen wurde. Einige schreckten nicht davor zurück, den Stier mit Bierdosen und Flaschen zu schlagen. Es war offensichtlich, dass das Tier nicht mehr konnte, jegliche Fairness schien abhanden gekommen zu sein. Der Anblick hatte mit dem stolzen anderen Tier des Vormittags nun gar nichts mehr zu tun und veränderte Schlagartig unseren Blickwinkel, der am Vormittag ganz anders war. Sinnfragen und Verständnislosigkeit schossen uns durch den Kopf. Was war die Stunde auf dem Weg zuvor geschehen, dass der Stier in solch einem Zustand durch die Straße sprichwörtlich geschleift wurde. Mühsam schaffte es das Tier wieder aufzustehen, nachdem sich eine Menschentraube drum herum versammelt hatte, in welcher einige, einige andere davon abhielten, noch schlimmere Dinge zu tun. Kaum stand das Tier, so schoss sogleich die Menge blitzartig in alle Richtungen auseinander. Mühsam hielt sich der diesmal 520 Kilo schwere Stier auf den Beinen. Inmitten der Menschentraube um das Tier herum, wurde jetzt das Seil um dessen Hörner entfernt. Die teilweise heranwachsenden Jugendlichen wagten sich dann auch gleich wieder weiter an das Tier heran und malträtierten es von allen Seiten. |
![]() Unschöne Szenen, bei einem - für uns - fragwürdigem Ereignis. Viele Tritte und das Bespritzen des Tieres mit allen möglichen Getränken gehörten jetzt zum Repertoire. Schwerfällig wehrte sich das gedemütigte Tier. Aber wieder sank der Stier zusammen und sogleich schloss sich wieder eine dichte Menschentraube um das völlig abwesende Tier, welches vom "Kampfgeist" schon lange verlassen wurde.
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